Mies van Hout, Illustratorin und Autorin
Wir lieben ihre Bilderbücher – allen voran den Bestseller »Heute bin ich«. Doch kaum jemand kennt die Frau, die seit mehr als drei Jahrzehnten Kinder und Erwachsene mit mittlerweile über hundert Publikationen entzückt. Jutta Gruber führt das Gespräch mit der niederländischen Illustratorin und Autorin Mies van Hout, die uns mit ihren Publikationen zeigt, dass eine Freundschaft nicht zerbrechen muss, nur weil mal etwas schiefgegangen ist, und Gefühle wie Scham oder Wut Teil von Freundschaft sind und nicht ihr Ende.
Frau van Hout, wir lieben Ihre Bücher, aber über Sie und Ihr Leben wissen wir so gut wie nichts. Wie kommt das? Meiden Sie die Öffentlichkeit? Sind Sie vielleicht schüchtern?
Nein, ich bin nicht schüchtern. Ich bin regelmäßig in Schulen, Bibliotheken usw. tätig – das mache ich aber überwiegend in den Niederlanden. Ich wurde auch bereits mehrfach nach Deutschland eingeladen, leider hat das aber aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Letztes Jahr war ich zum Beispiel zur Leipziger Buchmesse eingeladen, welche aber leider wegen Covid19 nicht stattfinden konnte. Außerdem spreche ich nicht so gut Deutsch, was eine solche Reise auch nicht einfach macht. Ich mag es besonders, mit Kindern zu reden, vorzulesen und Workshops zu organisieren. Ich gebe auch oft Lesungen für Erwachsene. Was ich aber immer schwieriger finde, ist es, diese Auftritte mit dem Illustrieren und Zeichnen zu kombinieren. Ich muss immer noch genug Zeit übrig haben, um neue Bücher entwickeln zu können.
Wie würde in »Heute bin ich« der schüchterne Fisch aussehen und wodurch würde er sich vom verlegenen Fisch unterscheiden?
Ein schüchterner Fisch würde noch mehr als der verlegene Fisch versuchen, sich zu verstecken. Er würde sich noch mehr zurückziehen.
Gucken sorglose oder verliebte Fische in den Niederlanden genauso wie in Deutschland, Korea, Südafrika und Russland? Ist der Ausdruck von Stimmungen und Emotionen universell? Ja, man kann sagen, dass der Ausdruck von Stimmungen und Emotionen universell ist. Nicht universell ist jedoch, wie man diese Gefühle nennt. Das kann unterschiedlich sein, je nach Land und Kultur, vor allem, wenn es um die Nuancen geht. In manchen Sprachen hat man zum Beispiel mehr Ausdrücke für ähnliche Stimmungen als in anderen Sprachen.
Warum wählten Sie für die Darstellung starker Gefühle ausgerechnet Tiere, die nicht gerade für ihre ausdrucksstarke Mimik berühmt sind? Macht genau das einen Teil des Charmes von »Heute bin ich« aus und welche Botschaft vermitteln Sie damit?
Das Buch ist eigentlich eher aus Zufall entstanden: ich hatte einen Zeichen-Workshop organisiert und Kinder gefragt, Fische, die ein Gefühl ausdrücken, zu zeichnen. Als der Workshop zu Ende war und ich mir die Bilder angeschaut habe, habe ich mich dazu entschieden, ein Bilderbuch mit Fischen zu machen. Ich habe es also nicht gewählt, das Buch ist mehr aus sich selbst entstanden. Fische sind besonders geeignet, weil ihr eigener Ausdruck neutral aussieht, und man als Beobachter diesen Ausdruck nicht deuten kann. Das würde man bei einem Kaninchen zum Beispiel leichter tun. Ein Kaninchen ist niedlich, man wird es sich deswegen nicht leicht böse oder zornig vorstellen können. Dazu kommt, dass Fische wegen ihrer Form ganz gut geeignet sind. Man könnte sagen, dass ein Fisch nicht mehr ist als ein Gesicht mit einem Schwanz.
Auf den Gesichtern der Kinder spiegeln sich beim Betrachten dieses Bilderbuches die Stimmungen der Fische wider. Ähnlich faszinierend wirken die Zeichnungen auf uns Erwachsene. Sogar die Fische mit üblicherweise negativ bewerteten Emotionen erobern unsere Herzen. Sind Sie ein emotionaler Mensch?
Danke für das Kompliment! Ich würde mich selbst eher sensibel, d.h. empfindlich/einfühlsam und nicht emotional nennen, was im Niederländischen eher negativ ausgelegt wird. Ich merke zum Beispiel im Allgemeinen gut, wie sich jemand fühlt. Das ist sehr praktisch, wenn man ein Buch wie »Heute bin ich« macht. Mein Gedanke war, dass ich selber das Gefühl empfinden sollte, wenn ich mir den Fisch anschaue. Ich habe deswegen sehr viele Zeichnungen machen müssen, bevor ich zufrieden war.
Erlaubten Sie ihren drei inzwischen erwachsenen Kindern, zornig oder böse zu sein?
Ha ha! Nicht immer natürlich, es gibt Grenzen! Wir sehen es aber als etwas Natürliches, vor allem bei kleinen Kindern.
Ihre Zeichnungen sind sehr ausdrucksstark und jedes Ihrer Bücher originell. Woher nehmen Sie Ihre Ideen? Kommen Impulse auch aus Ihrer Familie?
Es ist immer schwierig, zu sagen, wo die Inspiration genau herkommt. Eigentlich hat es mit allen Sachen, die man erlebt und sieht, zu tun. Ich hatte auf jeden Fall keine bestimmte Person in meinen Gedanken, als ich die Fische zeichnete. Ich war vor allem mit dem Gefühl beschäftigt.
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 01-02/2021 lesen.