Ästhetische Bildung von Kindern unter drei Jahren
»Pampers, Pinsel und Pigmente«, so heißt das neue Betrifft KINDER extra-Heft, in dem Angelika von der Beek sich der ästhetischen Bildung von Kindern unter drei Jahren widmet. Darin ermutigt Sie die Fachberaterin und Fortbildnerin, sich mit kleinen Kindern lustvoll auf den Weg bildnerischen Gestaltens zu begeben. In diesem Beitrag – einem Vorabdruck für Betrifft-KINDER-Leserinnen und Leser – berät Sie die Autorin bei der Auswahl von Material und Werkzeugen und bei der Raumgestaltung.
Spuren hinterlassen mit Kleister und Farben
Ein wichtiges Merkmal des kreativen Materials für kleine Kinder ist die Konsistenz: Es darf nicht zu hart, es muss eher weich und flüssig sein. Ein weiteres Kriterium ist die Verfügbarkeit: Es sollte in Mengen vorhanden, aber nicht zu teuer sein. Schließlich sollte das Material nicht eindimensional, sondern vielfältig einsetzbar sein. Ganz normaler Tapetenkleister erfüllt all diese Kriterien.
In der Zusammenarbeit mit Ulla Gollmer-Kröbl beobachtete ich über Jahre hinweg, wie gut sich Kleister als erstes Gestaltungsmaterial eignet. Kleister kann fest wie Pudding oder fast so flüssig wie Wasser sein. Vor allem lässt er sich mit allem Möglichen kombinieren: Filzreste, Sägespäne, zerrissene Eierkartons, Sand oder Steinchen. Dadurch wird aus dem zweidimensionalen Schmieren ein dreidimensionales Formen. Schließlich kann man auch noch Farbe hinzufügen.
Vor allem kann Kleister als Bindemittel dienen. Für die ersten Experimente der Kinder haben sich Kleister und Lebensmittelfarben sehr bewährt. Sie werden vermischt, und mit den entstandenen flüssigen Farben finden die Kinder von selbst zum Gestalten.
Die Beobachtung, dass kleine Kinder am besten mit flüssigen Farben – und mit den Händen – gestalten können, inspirierte die Entwicklung der so genannten Fingerfarben,die ich allerdings nicht empfehle, denn ich finde ihre Farbpalette unattraktiv. Außerdem sind sie teurer als selbst hergestellte Farben. Im Gegensatz zu diesen fertigen Produkten überzeugt mich am Kleister, dass er sich in seiner ganzen Bandbreite, vom puren Material bis zum Bindemittel, für die Kombination mit Farb-Pigmenten eignet. Wenn Sie sich über Farb-Pigmente informieren, können Siediese wunderbaren, seit dem Mittelalter in der Malerei verwendetenSubstanzen auch in der Krippe einsetzenSchließlich sind es die Farben selbst, mit denen die Kinderin Beziehung treten. In diesem Alter können sie nurmit flüssigen, ausdrucksstarken Farben gut sichtbare Spurenhinterlassen.
Diese Überlegung führte Ulla Gollmer-Kröbl dazu, den Kindern vor allem kräftige Farben, also auch Schwarz, anzubieten. Die ersten Ergebnisse bestätigten sie darin, dass die Ausdruckskraft der Farben ein bedeutsamer Faktor für die Motivation der Kinder ist.
Zu den motivierenden Aspekten gehört auch die Stärke der Pinsel. Die Pinsel für die ersten Malversuche sollten allerdings nicht nur dick, sondern auch strapazierfähig sein. Deshalb sind runde und eckige Malerpinsel mit kurzemStil geeignet.
Die Experimentierlust der Kinder können Sie unterstützen, indem Sie ihnen selbstgemachte Pinsel anbieten: zum Beispiel Aststücke, die mit Wolle umwickelt werden, ein Bündel Bast oder eine Feder.
Die ersten Materialien zum Malen sollten also »Nass-Malmaterialien« und keine »Trocken-Malwerkzeuge« sein. Deshalb sind Buntstifte – entgegen der herrschenden Auffassungauch dicke – und vor allem Wachsmalkreiden für die Kreativitätsförderung junger Kinder ungeeignet. Mit Buntstiften kann man nur zeichnen und nicht malen. Wachsmalkreidenerfordern zu hohen Kraftaufwand, um sich als Malwerkzeug für kleine Kinder zu eignen. Dem gegenüber gibt es »Trocken-Malwerkzeuge«, professionelles Werkzeug für Künstler, die im Kindergarten nach meinen Beobachtungen bisher selten zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich um Kohle- und Grafit-Stifte, die sehr attraktiv sind, weil sie deutliche Spuren hinterlassen. Kinder können mit ihnen leicht und ohne Kraftaufwand zeichnen. Bei Ulla Gollmer-Kröbl habe ich erlebt, dass sich diese Investition lohnt.
In diesem Zusammenhang möchte ich von einem Experiment berichten, das Ulla Gollmer-Kröbl mit Simon machte, der damals drei Jahre alt war. Sie bat ihn, mit drei verschiedenen Werkzeugen eine Sonnenblume in der Vase zu malen, und zwar mit Bleistift, mit Filzstift und mit Wasserfarben. Man sieht, dass Simon sehr wohl in der Lage war, mit allen drei Werkzeugen, also auch mit dem Bleistift, umzugehen. Und doch wird – wenn man sich die drei Bilder nebeneinander anschaut – klar, dass die mit Wasserfarben gemalte Blume das Bild mit der stärksten Ausstrahlung ist. Dies legt die Vermutung nahe, dass es solche Bilder sind, die Simon zum Weitermalen animierten.
Zu den geeigneten Malwerkzeugen gehört der passende Maluntergrund. Kleine Kinder brauchen, entgegen der üblichen Praxis, große Formate, also mindestens DIN-A-3, gelegentlich auch größer, und kein dünnes, sondern dickes Papier, das ihren Experimenten standhält. Solches Papier müssen Sie nicht unbedingt für teures Geld kaufen.Sie können die Rückseiten von Plakaten benutzen, Pappen oder Packpapier.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 03/07 lesen.