Ein Überblick, Teil 2
In der Diskussion über neue Ansätze in der Elementarpädagogik ist seit nicht allzu langer Zeit ein neuer Begriff aufgetaucht: Portfolio. Sieht man sich den Zusammenhang genauer an, in dem er steht – die Debatte um Beobachtung und Dokumentation –, erscheint er schnell als ultimatives Label für Qualität schlechthin.
Beginnend in Heft 12/05, stellt Dr. Axel Jansa den Portfolio-Begriff und die Ansätze, in denen er gebraucht wird, im Überblick dar, schätzt ein, was ein Portfolio in der Elementarpädagogik leisten kann, entwickelt Bausteine für ein vielperspektivisches Portfolio-Verständnis und möchte die Auseinandersetzung vorantreiben.
Die Portfolio-Methode bei infans
Den ersten Ansatz, Portfolios nicht nur punktuell in den pädagogischen Alltag einzuführen, entwickelte infans im Kontext des »10 Stufen Projekts Bildung« seit Herbst 2002 in 30 Brandenburger Kindertageseinrichtungen. Im Jahr 2003 erfolgte die Zwischenauswertung auf der Grundlage von Portfolios aus den beteiligten Einrichtungen. Die detaillierten und praxisbezogenen Ausführungen zum Einsatz belegen, dass die drei Funktionen des Portfolios exakt an das Modellprojekt angepasst wurden: Portfolios sind Arbeits- und Qualifizierungsinstrument der pädagogischen Fachkräfte, Medium der Erziehungspartnerschaft von Eltern und Erzieherinnen sowie Materialfundus für verschiedene öffentliche Formen der Darstellung der Kita. Das Modellprojekt zur Erneuerung der Frühpädgogik bezieht sich an zentralen Stellen auf Elemente der Reggio-Pädagogik – das Bild vom Kind, die Rolle der Erzieherin, der Stellenwert der Dokumentation – und nimmt gleichzeitig Bezug auf Schäfers Überlegungen zur »ungerichteten Beobachtung«. Ausgangspunkt im infans-Ansatz ist die Annahme, dass das Kind »in der Interaktion mit anderen Kindern und mit Erwachsenen Welt- und Selbstdeutungen« konstruiert, die unter dem Begriff »Themen der Kinder« zusammengefasst werden. Wenn von einem spiralförmigen Bildungsprozess, in den Erwachsene und Kinder gleichermaßen eingebunden sind, die Rede ist, werden Prozesscharakter und Ko-Konstruktion hervorgehoben. Bei den Empfehlungen zur konkreten Umsetzung der Methode treten diese Aspekte in den Hintergrund, wenn zum Beispiel erläutert wird: Das Portfolio eines Kindes enthält eine »Auswahl der Produkte seiner Tätigkeiten in der Kindertagesstätte« und »Bögen der verschiedenen Instrumente, in denen Beobachtungen der Erzieherin festgehalten werden«.
Portfolios sind auf das einzelne Kind bezogen, nicht auf die Kindergruppe. In die Arbeit mit den Portfolios werden die Kinder dadurch einbezogen, dass sie der Aufnahme ihrer Produkte in die Portfolios zustimmen und sich so wertgeschätzt fühlen. Eine Einbeziehung der Kinder im meta-kognitiven Sinne wird nicht beschrieben.
Das Portfolio ist also in erster Linie ein Arbeitsinstrument der Erzieherinnen, das ihnen hilft, besser zu verstehen, »was der subjektiv gemeinte Sinn des kindlichen Beitrags sein könnte, welches Thema es anspricht«. Dabei gilt es für die Erzieherinnen, sich »als Forschende und nicht als Wissende zu verstehen«. Sie können die Kinder dabei unterstützen, »eigene Themen weiterzuentwickeln und Verbindungen zwischen Themen herzustellen«, ihnen »die kulturell gedeutete Welt für ihre Konstruktion verfügbar« zu machen. Im fachlichen Diskurs setzen die Kolleginnen die unterschiedlichen Erkenntnisse über ein Kind zueinander in Bezug, da die einzelne Erzieherin ihre Deutungen vor dem Hintergrund ihrer individuellen Biografie vornimmt – »viele Erzieherinnen ›sehen‹ mehr als eine allein«. Insgesamt dienen »die im Portfolio fachlich reflektierten Beobachtungen (...) der nie abgeschlossenen Weiterqualifikation der Erzieherinnen«.
Das Portfolio bietet eine »einzigartige Grundlage für den regelmäßigen Austausch« mit den Eltern über das Kind und so die Möglichkeit, Eltern »auf bildungsrelevante Aktivitäten des Kindes hinzuweisen und damit möglicherweise den ›Pen-Green-Effekt‹ zu erzielen«. Die Anregung, gezielt Gelegenheiten zu schaffen, bei denen die Eltern in den Portfolios ihrer Kinder blättern und Beobachtungstexte lesen können, zum Beispiel bei »Portfolio-Abenden für alle Eltern«, deutet auf eine eher rezeptive Teilhabe der Eltern an der Portfolio-Methode hin.
Portfolios sind ein Materialfundus für verschiedene Formen der öffentlichen Darstellung der Kita-Arbeit. Der öffentliche Zugang zu den individuellen Portfolios kann aus Datenschutzgründen nicht gewährt werden.
(Infans bereitet für 2006 die neuesten Ergebnisse des erfolgreich erprobten Handlungskonzeptes für die Veröffentlichung vor. Die Red.)
www.erzieherin.de
Viele weitere Informationen zu »Portfolio«, »Bildungspläne« und »Pen Green« finden Sie auch in der Internetsuchmaschine für Erzieherinnen, die seit Oktober 2005 von der socialnet GmbH betrieben wird.
www.bildungsserver.de
Die Bildungspläne aller Länder finden sich über den Deutschen Bildungsserver. Durchklicken über > Elementarbildung > Zum Bildungsauftrag in Kindertageseinrichtungen.
www.infans.de
infans erarbeitet in enger Kooperation mit Fachleuten aus den Administrationen und aus pädagogischen Einrichtungen Modelle für die Verbesserung der Lebens- und Entwicklungsbedingungen von Kindern in Tageseinrichtungen.
www.pengreen.org
Webseite über Pen Green. Umfangreiche Informationen in englischer Sprache.
www.dji.de
Die Webseite des Deutschen Jugendinstituts in München, des bundesweit größten außeruniversitären sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts im Bereich Kinder, Jugendliche, Frauen und Familien.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 01-02/06 lesen.