Seit Freitag ist das Spielotop, ein Teil eines privaten Gartens geöffnet und lädt zufällig vorbeiflanierende Familien und Kinder ein, sich spielend niederzulassen. Die Einladung am Gartentor wurde zwar interessiert gelesen, aber reingetraut hat sich zunächst noch niemand »Fremdes«. Samstag und Sonntag sah es schon anders aus. Erste Spuren sind schon zu sehen, Blumenketten aus Löwenzahnblüten, Lehmabdrücke auf den verbeulten Milchkannen und ein Matschkuchen auf der Baumscheibe.
Uns kam diese Idee, da direkt hinter unserem Gartentor ein Wiesenpfad vorbeiführt und immer wieder Menschen verträumt in den Garten schauen und sich fast verschämt entschuldigen, wenn sie uns bemerken. So entstand die Einladung in unser SPIELOTOP. Wir haben den oberen Teil des Gartens mit einer Schnur abgetrennt, auf dem Mäuerchen gibt es eine Zinkwanne mit Wasser, ausrangierte Küchenutensilien und einen Eimer mit Lehm. Mehr braucht es nicht, das Paradies ist nicht möbliert! Ich habe in den Achtzigern in New York die ersten Nachbarschaftsgärten bewundert und erlebt, wie in der Stadtwüste nicht nur für Pflanzen und Tiere Lebensraum entstanden ist; auch die Beziehungen der Bewohnerinnen und Bewohner, egal ob jung oder alt, fanden hier Nahrung und bewohnten Begegnungsraum. Da in mir etwas gewachsen, das ich damals noch nicht genau benennen konnte. Heute lebt es in Britta und mir. So hoffen wir, dass in den Zeiten der Corona aus der Distanz auch Nähe wachsen kann.
In diesen Zeiten der Krise diskutieren zahllose Expertenrunden über Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Öffnung für »systemrelevante« Berufsgruppen. Die »Öffnung« betrifft allerdings lediglich die Branchen in denen Eltern arbeiten, die Situation und Isolation vieler Kinder und Jugendlichen findet wenig Beachtung. Dabei sind doch die Heranwachsenden die eigentlich systemrelevanten Zukunftsträger unserer Gesellschaft! Was es wohl bewirken mag, wenn Kinder seit Wochen auf engsten Raum mit überforderten Eltern und ohne Freunde leben müssen – davon höre und lese ich derzeit wenig. Klar, in meinem Freundeskreis gibt es tolle Eltern, die verbringen fantasie- und liebevoll die Auszeit mit ihren Kindern. Mittlerweile sind viele dieser Kinder bereits so »ausgewildert« dass sie zwar ihre Freunde aber nicht den Kindergarten vermissen. Aber ich vermute, dass diese Familien leider Randgruppen sind und der häusliche und familiäre Alltag der meisten Kinder dringendst einer Öffnung bedarf, um ihr Leid endlich zu beenden. Der Philosoph Yuval Noah Harari schreibt: »…wenn sich die Menschen zwischen Freiheit und Gesundheit entscheiden müssen, dann wählen die meisten die Gesundheit.« Das trifft auf die Erwachsenen zu, wie sich Kinder entscheiden würden, fragt niemand.
Vielleicht ist unser kleines SPIELOTOP ein ermutigendes Signal ins Universum. In dem Sinne, schafft tausend SPIELOTOPE!
Aus dem Spielotop-Gästebuch
- Vielen Dank ihr Lieben! Wir lieben Euer Spielotop.
- Wenn das Herz plötzlich fröhlich zu singen anfängt, vielen, vielen Dank!!
- Was ist eigentlich ein Spielotop? Ist das so was ähnliches wie ein Biotop?
- Ist doch klar, im Spielotop hat das Spiel seinen Platz. Es ist ein besonderer Ort an dem das Spiel Nahrung findet. Nicht nur Pflanzen und Tiere sind bedroht – auch das freie Kinderspiel verschwindet aus unserer Landschaft.
- Wir sind schon zum zweiten Mal hier vorbeigelaufen und haben den Garten von außen bewundert. Heute sind wir reingegangen und genieflen diesen traumhaft schönen Ort.
- Bis morgen! Wir kommen wieder!
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Muchos gracias por el lindo lugar!